Pilgern zu Pracht und Printen Wege zum Welterbe: Aachener Dom
Der
Aachener Dom ist ein Leitstern am Kulturfirmament: Karl der Große hat den
Kernbau für seine Lieblingspfalz errichten lassen. In seiner Tradition fanden hier Königskrönungen statt. Zu dem Giganten
pilgern noch immer Menschenscharen aus aller Welt, um die vier großen
Aachener Heiligtümer aus dem staufischen Marienschrein zu sehen. Ihm verlieh
das UNESCO-Welterbekomitee im Jahr 1978 den Welterbe-Status. Somit war das
Monument das erste Kulturdenkmal in Deutschland, dem diese Ehre zu Teil wurde.
Zeit, sich dem Anziehungspunkt und Wahrzeichen bei einer winterlichen
Kulturwanderung durch Aachen zu nähern!
Abteigarten
Los
geht die Reise zu Museen, Kirchen und Naturschätzen im malerischen Stadtteil
Kornelimünster. Die südöstlich von Aachen gelegene Ortschaft am Fluss Inde ist
das Tor zur Eifel und heutiger Startpunkt der Kulturkenner-Wandertour.
Der historische Ortskern fällt bereits auf den ersten Metern durch eine
Vielzahl von Häusern aus dem 17. und 18. Jahrhundert auf. Zwischen
Fachwerkcharme und Bruchsteinromantik fühlen sich Ortsfremde direkt heimisch,
wenn sie sich am Korneliusmarkt, dem Abteigarten oder dem Benediktusplatz
umschauen.
Kornelimünster Panorama
Die historischen Wohneinheiten erzählen Geschichten von Wohlstand, Handwerkskunst und Frömmigkeit. Von dem Plateau an der Bergkirche St. Stephanus verschaffen sich Entdecker*nnen den ersten Überblick über die schmucken Straßen und Gässchen, bevor sie zur ehemaligen Reichsabtei Kornelimünster und dem Kunsthaus NRW aufbrechen. Früh aufstehen lohnt sich, um eine einmalige Sicht auf die behagliche Ortschaft und das idyllische Umland zu genießen.
Bergkirche St. Stephanus
Mit
der Sonne im Rücken wandert es sich auch gleich am besten: Der Kulturkenner hat
für Wanderfans extra eine rund 19 Kilometer lange Kulturroute ausgearbeitet,
die mit Sehenswürdigkeiten am Wegesrand, grünen Oasen und Mikroabenteuern
punkten kann. Sie bietet auch Möglichkeiten zur Rast und Einkehr.
Wer weniger
Strecke zurücklegen mag, hat stets die Möglichkeit, mit dem Bus einzelne
Abschnitte abzukürzen. Etwas technisches Verständnis und die Wanderapp
Outdooractive auf dem Handy werden jedoch zur Wegfindung vorausgesetzt.
Probsteikirche St. Kornelius
Erstes
Ziel des rund sechsstündigen Tagesausflugs ist die Probsteikirche St.
Kornelius, die bis 1802 die Pfarrkirche der benachbarten Benediktinerabtei
Kornelimünster war. Mönche gingen hier seit dem 9. Jahrhundert ein und aus, bis
sich im Laufe des Mittelalters Reisende auf Pilgerfahrten zu ihnen gesellten.
Auffällig ist vor allem der Baustil, der gotisch wirkt, jedoch
Architekturelemente aus verschiedenen Stilepochen aufweist. Zu dem
karolingischen Ursprungsbau, der zwischen 814 und 817 erbaut und im Beisein von
Ludwig dem Frommen geweiht wurde, kamen über die Jahrhunderte zwei
Seitenschiffe und die Kornelius-Kapelle hinzu. Die starke Spiritualität des
Ortes ist noch heute für Gäste spürbar.
Kunsthaus NRW
Direkt
westlich der Kirche schließen sich die ehemaligen Abteigebäude an.
Kulturfans, die genug Zeit mitbringen, sollten hier unbedingt einen längeren
Halt einplanen und das Kunsthaus NRW besuchen.
Da es sich bei der ehemaligen Reichsabtei um einen 1721 errichteten Nachfolgebau
des 814 gegründeten Benediktinerklosters handelt, trifft hier spätbarocker
Charme auf moderne Kunst. Wandbilder und Stuckarbeiten wechseln sich im Innern
etwa mit Werken von Richter, Polke oder Gursky ab. Der Fokus der Sammlung mit
über 4000 Arbeiten liegt auf Kunst nordrhein-westfälischer Künstler*innen, die
zwischen 1910 und heute entstand.
Indeverlauf
Wer bei so viel Inspiration selbst bleibende Bilder schaffen möchte, hat auf den darauffolgenden Kilometern die perfekte Chance dazu. Entlang des Inde-Verlaufs ist die Kamera stets gezückt, schließlich bieten sich links und rechts des Weges perfekte Motive an: Mal ist es das saftige Blattgrün im Licht der Sonne, mal der brausende Wasserstrom, der sich seinen Weg durch die Winterlandschaft bahnt. Habe ich dort ein Tier zwischen den Bäumen sitzen sehen? Das war …
Entdeckungen am Wegesrand
… ein Hase, der sich in einer Erdhöhle neben einem Artgenossen niedergelassen hat. Was bitte, österliche Grüße zur Weihnachtszeit? Und wo kommt das Schwein mit Flügeln dann her? Sowas erleben Tagesreisende nur, wenn sie in Kornelimünster auf Entdeckungstour gehen…
Brückenquerung
Die
Inde-Route gibt zu Beginn unseres Aachener „Weges zum Welterbe“ die weitere
Richtung vor. Weiße Schilder mit blaugrünem Flusslogo und Richtungspfeilen
zeigen im Bergbachtal an, wohin es geht. Die Stimme aus dem Navi hilft bei
Unklarheiten aus. „Nun die Brücke queren.“ Dann wollen wir mal!
Im Naturschutzgebiet Klauser Wald und Frankenwald, genauer gesagt im
Inde-Durchbruch, treten Felsformationen offen zu Tage. Den Schluchtwald zieren
hier hundert Jahre alte Bäume, darunter Eschen, Bergahorn und Buchen –
wundervoll.
Landschaft der Inde-Route
Die weitere Strecke ist schließlich von weiten Wiesen- und Weideflächen geprägt, die Abwechslung im Lauftrott versprechen. Beim gemütlichen Schlendern übers Feld bildet die ausgestoßene Luft kleine weiße Wölkchen, die sich vor dem blauen Himmel entfalten. Raureif hat sich auf Gräsern und Blättern gebildet. Genau hinschauen lohnt sich, bei idealem Winterwetter gibt es überall kleine Naturwunder zu entdecken.
Kirche in Brand
Die Pfarrkirche St. Donatus präsentiert sich im
über 18.000 Einwohner starken Stadtteil Brand als kleine Sehenswürdigkeit. Sie
ist im Zuge der Säkularisation im 19. Jahrhundert aus der Abtei Kornelimünster
als eigenständiges liturgisches Zentrum hervorgegangen. Fitte Wanderfreunde folgen
dem Kurs weiter von hier gen Südwesten. Nach kurzer Zeit befinden Sie sich
wieder im Grünen.
Kulturreisende, die bereits etwas geschafft
sind und mehr vom urbanen Flair in der Aachener City mitbekommen möchten,
können stattdessen direkt den Bus in Richtung Hauptbahnhof nehmen. Entlang der
Trierer Straße finden sich zudem zahlreiche Cafés für eine kurze Einkehr.
Bismarckturm Waldfriedhof
Apropos Sehenswürdigkeit: Nach einer Expedition, die über das ehemalige Militärgelände des „Camps Hitfeld“ führt, erreicht die Wanderroute den Waldfriedhof in Aachen-Burtscheid. Hier ragt der Bismarckturm weit über die Baumwipfel hinaus. Er erinnert monumental an den Gründer des Deutschen Reiches Otto von Bismarck. Sein Gesicht können Gäste bei einer Umrundung gleich mehrfach über den im Untergeschoss gelegenen Rundbogenportalen erspähen. Ein Eindruck, der vorerst in Erinnerung bleibt.
Holzstuhl
Die
Geschichtsstunde führt eine Infotafe in direkter Nähe fort. Sie
vermittelt, dass in Sichtweite zum Turm ein Gräberfeld für die Toten des Ersten
Weltkrieges eingerichtet wurde. Menschen, die im Zweiten Weltkrieg ihr Leben
lassen mussten, liegen auch nicht weit entfernt.
Gut, dass ein kleines Kunstwerk am Wegesrand die Stimmung wieder anhebt. Aus
einem Baumstamm hat ein handwerklich begabter Künstler einen kleinen Stuhl gesägt.
Er ist über seine Beine mit dem Stumpf verbunden. Wirklich schön!
Wegzeichen Pilgerwege
An manchen Laternen entlang des Gillesbachs sind Wegzeichen angebracht. Unter anderem deutet ein Schild auf einen Pilgerweg zwischen der Aachener Altstadt und Kornelimünster hin. Wie viele Gläubige und Geschichtsenthusiasten wohl bereits hier gewandelt sind?
St. Michael
Die
Antwort bleibt offen. Fest steht jedoch, dass Pilgernde, die diesen Weg einschlagen,
auch die Pfarrkirche St. Michael und die ehemalige Abteikirche St.
Johann-Baptist besuchen sollten. Beide Kirchen bilden eine unverwechselbare
barocke Stadtkrone auf dem Johannes- und dem Michaelsberg.
Die Bronzestatue von Gregor von Kalabrien scheint beide Glaubensorte wie ein
stiller Schutzgeist zu bewachen. Er war der erste Abt der Reichsabtei
Burtscheid und gilt als Begründer des Kurortes Burtscheid im Jahr 997, heute ein
Stadtteil Aachens.
St. Johann Baptist
Weiter geht es von hier über den Abteiplatz die Klostertreppe hinab. Ein kurzer Blick zurück auf St. Johann-Baptist lässt die Gedanken schweifen. „Dominus Providebit“ (Der Herr wird vorsorgen) steht auf der Nordseite des hohen Turmes unter dem Wappen der Äbtissin Anna Carolina Margarethe van Renesse van Elderen. Ob das wohl auch für unseren weiteren Weg zur Welterbestätte gilt? Wir werden sehen.
Elisenbrunnen Aachen
Mitten
in der Aachener City reiht sich bald eine Sehenswürdigkeit an die nächste. Die
Anlaufpunkte sind nur wenige hundert Meter voneinander entfernt. Sehr zentral etwa
lockt der Elisenbrunnen mit Mineral-Thermalwasser der Kaiserquelle.
Das heiße Wasser
hat sich seinen Weg durch das Gestein gebahnt und viele Mineralien aufgenommen.
Das riecht und schmeckt man, mehr sei hier nicht verraten. Öcher, also Aachener
Urgesteine schätzen es jedenfalls als Heilwasser für oder gegen alles Mögliche
und sehen sich damit in der Tradition ihres Urvaters, dem Kaiser Karl, der die
heißen Quellen genoss und sich wohl deshalb in Aachen niederließ.
Printenmädchen
Schon
an der nächsten Ecke riecht es wieder ganz anders. Feinschmecker*innen kommen hier
auf ihre Kosten, wenn sie einen der vielen Printenläden in der Innenstadt
besuchen. Egal ob Nobis, Klein, van den Daele oder ein anderer Anbieter – die
örtlichen Köstlichkeiten sind weit über die Grenzen der Kaiserstadt beliebt.
Das sogenannte Printenmädchen verkörpert sogar das leckere Gebäck. Die Statue
ist ein Symbol der lokalen Printen-Tradition.
Couven Museum
Auch
das benachbarte Couven-Museum hat indirekt mit der Süßwarenproduktion zu tun. Die
Kultureinrichtung ist in dem „Haus Monheim“ untergebracht, in dem 1857 bereits
ein Chocolatier die erste Tafelschokolade in Deutschland herstellte.
Heute gewährt das Haus Einblick in die Lebensart des Großbürgertums vom Rokoko
über den napoleonischen Empirestil bis in die Biedermeier-Zeit.
Centre Charlemagne
Noch
mehr Stadtgeschichte gefällig? Kein Problem. Das Centre Charlemagne liegt nur
eine Rathausumrundung entfernt. Das Museum präsentiert in seiner Dauerausstellung
Aachener Persönlichkeiten, Ereignisse und Geschichten. Karl der Große wird
als zentrale Leitfigur charakterisiert, der entscheidend zur Stadtgeschichte
beitrug.
Der Kulturkenner schaut sich das Haus aber heute nur von außen an und kommt ein
andermal wieder. Schließlich steht der Besuch des Aachener Doms noch an.
Dom in Sicht
Auf
dem Katschhof ist die Welterbestätte in ihrer vollen Pracht zu sehen. Das Treiben
des Weihnachtsmarktes gerät vorerst in den Hintergrund, wenn sich die feinen
Linien und Formen des Monuments am Horizont abzeichnen. Dem Dom gebührt die
volle Aufmerksamkeit. Er ist das Ziel der Strecke.
Dann greift vorerst die Realität wieder ein. Mandel- und Glühweinduft steigen
in die Nase. Lautes Stimmgewirr ist zu hören. Von Engelschören keine Spur…
Stattdessen versucht sich ein ausländisches Trio an „Stille Nacht, Heilige
Nacht“ in seiner Muttersprache.
Dom Miniatur
Um den
Dom mit all seinen Facetten wahrzunehmen, gilt es auch hier, sich die Zeit zu
nehmen, den überschaubar großen Kulturgiganten aus möglichst vielen
Perspektiven zu besehen. Überall gerät etwas Neues ins Blickfeld.
Unvorstellbar, dass hier bis 1531 30 Könige und zwölf Königinnen gekrönt wurden.
Das Oktogon als Kernbau des heutigen Aachener Doms war die im Auftrag Karls des
Großen errichtete Pfalzkapelle und seine spätere Grablege. Sein Thronstuhl steht
immer noch hier und ist bei Führungen auch aus der Nähe zu sehen.
Entdeckertour im Innern
Zu den
vielen Reichtümern, die im unglaublich prachtvollen Innern ruhen, gehört auch
der Reliquienschatz, den Karl der Große zur Einweihung seiner Kirche im Jahr
799 aus Jerusalem erhalten haben soll.
Glaubt man der Legende, befanden sich darunter das Kleid der Muttergottes, die
Windel Jesu, das Enthauptungstuch Johannes des Täufers und das Lendentuch Jesu.
Heute sind sie die vier großen Aachener Heiligtümer, die im Marienschrein bewahrt
werden. Gläubige können sie seit 1349 alle sieben Jahre bestaunen, wenn sie zur
Aachener Heiligtumsfahrt in die Kaiserstadt kommen. Das nächste große
Pilgerjahr wird 2028 sein.
Fazit
So lange sollten Kulturfans für Ihren ersten Aachen-Besuch aber nicht warten! Schließlich ist die Stadt mit ihren malerischen Ortsteilen, idyllischen Landschaften und kulturellen Höhepunkten wirklich eine Reise wert. Das zeigt auch dieser „Weg zum Welterbe“ eindrucksvoll.
Das Kleingedruckte
Eine Produktion des Tourismus NRW im Dezember 2023 für Kulturkenner.de.
Fotos, Audios und Videos: Maximilian Hulisz
Konzept und Texte: Maximilian Hulisz, Jens Nieweg