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Los geht's

Radroute rund um Schloss Cappenberg

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Das wiedereröffnete Schloss Cappenberg bei Selm ist der Sommer-Ausflugstipp. Wir haben uns für den Kulturkenner aufs Rad geschwungen, sind an Kanal-Idylle, Auenwiesen, viel Industrie (und ihren Hinterlassenschaften) vorbeigefahren - und waren am Ende sehr begeistert.

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Los geht die 55-Kilometer-Strecke am Hauptbahnhof von Hamm, der bestens vom Regional- und Fernverkehr der Bahn erreicht wird. Die Tour führt von der Innenstadt mit vielen Möglichkeiten Proviant zu „tanken“ schnell ins Grün. Die Navigationsdaten zur Route sind hier herunterzuladen: 2020-08-22_09-30_Sat.gpx. Danke an den Hammer Radblogger Walter Hupfeld für die Wegeführung. 

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Die Strecke ist durchgehend sehr gut zu fahren, führt fast nur über ausgezeichnete Radwege wie hier der Abschnitt durch die Lippeauen in Hamm.  

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Im „Erlebensraum“ Lippeaue können Bürger ein Hoch- oder Bodenbeet von ihrer Stadt kostenlos pachten. Auf 6000 Quadratmetern entsteht so ein Gemisch aus Wildkräuter-Pracht und Pflanzkunst-Exempel. Der Titel des Stadtentwicklungsprojekts: „Urbanes Gärtnern in der Kommersch“. 

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Hamm ist eine Stadt, die umfangreichste landschaftliche Veränderungen erlebt hat und immer noch erlebt. Links auf der Wiese stand einst die Burg Nienbrügge, wohl aus dem
12. Jahrhundert. Von ihr ist ebenso nichts mehr zu sehen wie von der Müll- und Bauschutt-Deponie, auf dem heute der Wald auf dem „Nienbrügger Berg“ wächst.  

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Auch wenn die Industrie alles überragt, zeigen sich grüne Oasen hier und dort. In dieser Mühle an der Lippe und dem Datteln-Hamm-Kanal werden Speiseöle produziert. 

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Das Förderturm-Ensemble im Hammer Ortsteil Bockum-Hövel erinnert an die Zeche Radbod, die von 1905 bis 1991 in Betrieb war. Laut unterschiedlicher Quellen kamen in der Zeit mindestens 822 Menschen auf der Zeche ums Leben, 350 allein bei einer Explosion unter Tage im Jahr 1908. 

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Das „Haldenzeichen“ auf der Halde Radbod ist als zehn Meter hoher orange-farbener Aussichtsturm ein Entwurf des Hammer Büros Berghaus Architekten und krönt auch die in Sichtweite zu findenden Gipfel der Kissinger Höhe, von Schacht Franz, der Halde Humbert und in Zukunft wohl auch der Halde Sundern. Die fünf Türme sind wichtige Gestaltungselemente des „Lippeparks Hamm“. 

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Das Panorama vom „Haldenzeichen“ der Zeche Radbod ist beispiellos. Hier vereinen sich Natur- und Industrielandschaft. Es beginnt und endet mit dem Blick auf die Müllverbrennungsanlage Hamm. 

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Nach einem Abstecher von der Strecke auf die Halde Radbod fahren die Räder weiter den Datteln-Hamm-Kanal entlang. 

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Ab und zu führt die Tour abseits des Kanalwegs zur mäandernden Lippe und ihren Altarmen. Hier bietet das Naturschutzgebiet „Tibaum“ seltenen Pflanzen und Vögeln Schutz. Teichrohrsänger, Wasserrallen und Flussregenpfeifer auf der Durchreise werden hier gesichtet, so informieren Infotafeln.

Dahinter, im Gas- und Dampfturbinenkraftwerk Gersteinwerk in Werne, wurde von 1917 bis 2019 aus Steinkohle Strom produziert, seit den 70er-Jahren dann zusätzlich aus Erdgas. Als Kapazitätsreserve in Zeiten der Energiewende sollen einzelne Kraftwerksblöcke bis mindestens 2024 in Betrieb bleiben.

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Am südlichen Ufer des Hamm-Datteln-Kanals befindet sich heute der größte Sportboot-Hafen Nordrhein-Westfalens, die Marina Rünthe. Wo noch bis in die 1980er-Jahre ein Umschlagsplatz für Kohle, Baumaterial und Öl war, ist heute Platz für knapp 300 Boote und entsprechende Infrastruktur für die Freizeit-Kapitäne. 

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Wenig später taucht schon der nächste Riese auf. Mit Steinkohle wird im Kraftwerk Bergkamen des Betreibers Steag Strom produziert. Eigentlich sollte damit im Herbst 2022 gemäß den Vereinbarungen zum Kohleausstieg endgültig Schluss sein. Doch die Stilllegung des Werkes liegt aktuell auf Eis. Das Kraftwerk gilt seit Juni 2022 als systemrelevant und soll mindestens als Kapazitätsreserve weiter Kohle verfeuern, der Gas-Krise mit Russland sei Dank. 

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Zurück auf dem Kanalradweg bewegt ein ungewöhnliches Bauwerk zum Stopp: Eine neunstufige „Informationsplattform“ soll den Blick weiten auf die andere Kanalseite. Hier stand seit 1938 direkt am Kanal die Bergkamener Zeche Haus Aden. Nach der Stilllegung 2001 wurden so gut wie alle Gebäude, auch die Fördertürme, im Jahr 2021 abgerissen.

Nun entsteht hier die Wasserstadt Aden, ein laut Stadt Bergkamen „innovatives und außergewöhnliches Stadtquartier“, das auch Teil des Zukunftsgartens der Stadt zur Internationalen Gartenausstellung IGA 2027 sein soll. Angrenzend befindet sich die Halde Großes Holz.

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... reguliert das Wehr der Lippe bei Lünen-Beckinghausen den Grundwasserspiegel der Lippeauen. 

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Neben dem Wehr liegt ein historischer Übergang über die Lippe. Die Westfalia-Brücke ermöglichte den Arbeitern der Eisenhütte Westfalia einst den kurzen Weg über den Fluss. Heute ist sie denkmal-geschützt, das Pförtnerhaus ein Kunstort und die ehemalige Eisenhütte Standort eines internationalen Bergbau-Zuliefer-Konzerns Caterpillar. Auch dessen Schließung ist Mitte 2022 schon beschlossen.

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Nur ein kurzer Abschnitt von der Lippe entfernt endet Lünen - und eine malerische Landschaft am Rand des nördlichen Ruhrgebiets beginnt.

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Die Radstrecke führt vorübergehend auf der Landstraße, Schloss Cappenberg taucht am Horizont auf. 

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Auf der Anhöhe von Schloss Cappenberg empfehlen die Radverkehrsschilder die Weiterfahrt zum westfälischen Versailles, dem Schloss Nordkirchen. Wir haben aber unser Tagesziel erreicht und biegen zwischen die Torhäuser nach rechts ab. 

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Die ehemalige Stiftskirche St. Johannes Evangelist aus dem
12. Jahrhundert bildet ein malerisches Ensemble auf dem Schlossgelände. Das berühmte Kopfreliquiar Kaiser Friedrich Barbarossas gehört zum Schatz dieser Kirche. 

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Nur wenige Meter vom Haupteingang des Schlosses Cappenberg finden Gäste eine 200 Jahre alte Platane vor. Sie spendet Schatten beim Hofspaziergang rund um die Kirche
St. Johannes.

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Heinrich Friedrich Karl Freiherr vom und zum Stein (1757-1831) wurde in Nassau geboren, machte in Berlin als Reformer des preußischen Staates Karriere, brachte Teile des Ruhrgebiets wirtschaftlich zur Blüte und setzte sich auf Schloss Cappenberg zur Ruhe. Sein Porträt des Malers Heinrich Graf Luckner begrüßt Reisende am Haupteingang. 

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Warum diese Marmor-Büste eigentlich für München bestimmt war, aber nun auf Cappenberg steht, verrät der kurzweilige Audioführer der Dauerausstellung über Freiherr vom Stein, der mit aktueller Near Field Communication funktioniert. Den Audioguide an den gekennzeichneten Punkt an die Wand halten, schon starten die Stimmen. 

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... gibt den Blick auf den bewältigten Radweg und den Wildpark des Schlosses frei. Hier grasen Hirsche und Mufflons – oder verstecken sich. 

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Freiherr vom Stein hatte Cappenberg von einem Kloster zum Schloss umgebaut. In den letzten fünf Jahren wurde es aufwändig restauriert und im April 2022 wiedereröffnet. Es enthält eine Ausstellungsetage des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe zum Leben und Wirken vom Steins sowie eine Ausstellungsetage des Kreises Unna. Mehr zu den Ausstellungen hier.

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Die Aussicht von der Schlossterrasse führt bis nach Dortmund und Schwerte. Der Fernsehturm ist von hier in weiter Entfernung hinter Bäumen und Feldern am Horizont zu erkennen.   

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Die Radtour führt vom Schloss wieder hinunter durch landwirtschaftlich genutzte Flächen des nord-östlichen Ruhrgebiets.

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Bevor der Radweg entlang des Kanals wieder zurück nach Hamm führt, bietet die historische Altstadt von Werne zahlreiche Möglichkeiten für eine Rast.

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... ist heute ein Denkmal, das von einem Blumenfeld umgeben ist. Es erinnert an die vergangene Bergbau-Geschichte der Stadt Werne.

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Die Radtour führt zurück auf den Kanal-Radweg, der auch Teil des bekannten Radwegs Römer-Lippe-Route ist. Im Abendlicht ist hier kurz vor dem Ende der etwa 55 Kilometer langen Strecke eine Ruhrgebiets-Idylle zu erleben. 




Das Kleingedruckte
Eine Produktion des Tourismus NRW im Juni 2022 für
Kulturkenner.de
Konzept & Texte: Jens Nieweg, Maximilian Hulisz
Fotos & Videos: Jens Nieweg

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